STACKENBLOCHEN (rsf)
(where contestants have to arrange items on a dresser at right angles - that passes for fun in germany)
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Das erste Mal, dass ich Carsharing benutzt habe, war so ungefähr 2008. Mein Auto stand in Frankfurt am Main, eine Greenwheels-Station war 50 Meter von meiner Haustür entfernt und ich habe regelmäßig montagsabends für vier Stunden ein Auto gebraucht, um nach Potsdam und wieder zurück zu fahren. Das fand ich schon super. Damals gab es allerdings nur ortsgebundenes Carsharing, das heisst, man musste das Fahrzeug dort wieder abstellen, wo man es auch weggenommen hatte. Die Carsharing-Unternehmen haben es leider bis heute versäumt, entsprechende Stellplätze dergestalt über die Stadt zu verteilen, dass man nicht mehr als zehn Minuten laufen muss, bis man zu einem Fahrzeug kommt, so dass das Thema Carsharing traurigerweise für mich ab dem Moment erledigt war, als ich von Kreuzberg nach Tempelhof umgezogen war, denn ich müsste 20 Minuten laufen oder zwei Stationen U-Bahn fahren, um zu einem Wagen zu kommen. Ich hätte es tatsächlich gerne weiterbenutzt und mein Auto verkauft, als es noch ein wenig Geld wert war, denn ein eigenes Auto ist - wenn man in einer Stadt wie Berlin wohnt - hauptsächlich Ballast.

Jetzt ist mein Auto nix mehr wert und ich werde es benutzen, bis es mir unter dem Hintern zusammenfällt, denn eine komfortabel zu Fuß erreichbare Carsharing-Station gibt es hier leider immer noch nicht und obwohl wir mittlerweile drei Anbieter in der Stadt haben, die Point-to-Point-Mieten anbieten, ist dieses Angebot nichts für mich. Ich brauche nämlich (mindestens) einmal pro Woche abends für vier Stunden ein Auto - und die Anbieter rechnen minutenweise ab, so dass ich auch direkt einen MIetwagen für den ganzen Tag nehmen, oder nachts mit dem Taxi nachhause fahren könnte. Aber ich will nicht jammern, denn noch habe ich meine alte Karre und sie fährt noch super, während sie weniger als fünf Liter Diesel verbraucht.

Ich bin Kunde bei allen drei Minuten-Anbietern, bei Car2go von Mercedes, die Smarts über die Stadt verteilt haben, bei Drivenow, die Minis und 1er BMWs bereithalten und bei Multicity, dem einzigen Anbieter, der ausschließlich Elektroautos der Marke Citroën C-Zero benutzt und irgendwie zu Flinkster, dem Carsharing der Deutschen Bahn, gehört, wo ich auch Kunde bin und wiederum günstig stundenweise mieten kann, wie damals bei Greenwheels. Wenn ich mich für einen Anbieter entscheiden müsste, würde ich Flinkster/Multicity wählen. Einmal finde ich es schonmal saucool, Elektroautos zu fahren, außerdem ist meine Standardfahrweise bemerkenswerterweise dergestalt, dass ich mich nicht an den Elektroantrieb und seine Erfordernisse, insbesondere das energiesparende und - wegen der Rekuperationsbremse idealerweise weit vorausschauende - Fahren gewöhnen musste, sondern einfach einsteigen und losfahren konnte. Das Fahren eines solchen Autos kann spektakulär sein, denn es gibt eine Art Kickdown, die maximales Drehmoment ab der ersten Sekunde bereitstellt, so dass die kleine Karre besser antritt und noch besser aus entspannter Fahrweise durchzieht, als es meine Barchetta jemals konnte. Dabei hat der Wagen kein Antriebsgeräusch außer eines Summens, das aber auch Einbildung sein kann, weil man sich gerade in der Zukunft wähnt und in den Filmen die Zukunfstautos halt immer irgendwie summen. Das Fahren ist allerdings nur halb so sektakulär, wie das Anhalten. Wenn ich mit einem Verbrenner, egal ob mit oder ohne Start-Stop-Automatik, an einer Ampel stehenbleibe, arbeitet die Maschine weiter, obwohl sie nichts bewegt. Beim Elektroauto ist das komplett anders. Man bleibt stehen und hat ein sehr seltsames Gefühl der Ruhe, der ausgeschalteten Aggregate, des einfachen Seins - so ähnlich, wie mit dem Fahrrad anzuhalten. Wenn man losfährt, erwacht der Wagen allerdings in Sekundenbruchteilen zum Leben und ist aus dem Stand so spritzig, wie ein Verbrenner, der schon fährt und den zweiten Gang drinhat. Ich habe Schwierigkeiten, das Gefühl "an obwohl aus" ordentlich zu beschreiben. Wer kann sollte versuchen, irgendwie mal mit einem geschlossenen Elektroauto zu fahren, dann wird schnell klar, was ich meine.

Die Kombination aus Multicity für Kurzstrecken, sowie Flinkster für Langstrecken und um ein reserviertes Auto am Zielbahnhof zu haben, passt auch wesentlich besser in meinen Alltag, als die Angebote der Konkurrenz, wobei die eigentliche Konkurrenz für alle zusammen ja im Grunde der private und zu 95% der Zeit ungenutzt rumstehende, vergammelnde und Platz verschwendende PKW ist - beziehungsweise sein sollte, aber so weit ist die Gesellschaft noch nicht. Und noch etwas mag ich an Flinkster/Multicity lieber: Den Prozess des Anmietens und der Rückgabe. Bei allen drei Anbietern hat man einen Transponder, den man an ein Lesegerät in der Windschutzscheibe hält, um das Auto aufzusperren. Bei car2go und Drivenow muss man dann eine kleine, aber dennoch leicht nervende Prozedur durchführen, die aus der Eingabe einer Pin besteht und einen nötigt, drei Fragen zu beantworten: Ist das Auto außen sauber/schmutzig, innen sauber/schmutzig, hat es weitere Schäden, abgesehen von denen, die schon im Display des Bordsystems stehen? Die letzte ist eine Frage, die ich nachts gerne beantworten würde mit: "Was glaubt ihr Schwachsinnigen denn bitteschön, wie ich das beurteilen soll, wenn es dunkel ist?!". Im Zweifelsfall antwortet man mit "nein" und läuft Gefahr, irgendwann vorgeworfen zu bekommen, einen Schaden verursacht zu haben, der zwar möglicherweise schon vorhanden, aber leider nicht zu erkennen war. Ich habe dabei jedesmal ein mulmiges Gefühl. Bei Flinkster/Multicity steige ich ein, nehme den Schlüssel aus einer speziellen Halterung im Handschuhfach, starte das Auto und fahre los. Geht also auch angenehmer.

Das Fahrverhalten der Citoëns ist ausserdem um längen angenehmer, sanfter, entspannter und vor allem irgendwie runder als das der Minis, der 1er BMWs und allemal der Smarts mit ihrem völlig miserablen Automatikgetriebe, das ungefähr so schaltet, als führe man einen 123er 200D mit mindestens 750.000 Kilometern auf der Uhr und Dreigang-Automatik, bei der das Getriebeöl zuletzt in den frühen 1980er Jahren gewechselt worden ist - wenn überhaupt. Ein Freund sagte, dass der Wechsel vom C-Zero zurück auf einen Verbrenner sich anfühle, wie der Wechsel von einer SSD auf eine HD, das kann ich aber so nicht bestätigen, jedenfalls nicht, was das, beziehungsweise mein Fahrverhalten angeht. Was den Rest angeht, empfinde ich das allerdigs ähnlich.

Der C-Zero hat auch Schwächen. Allen voran: Er ist sehr klein und entsprechend eng. Das ist man heutzutage von Kleinwagen nicht mehr gewohnt, aber ein wirkliches Problem ist das auch nicht, man will allerdings keine 200 Kilometer am Stück damit fahren. Würde man aber auch gar nicht schaffen, denn seine Reichweite ist recht gering. Ich habe heute ein vollgeladenes Fahrzeug übernommen und war selbst bei vorsichtigster Fahrweise nicht in der Lage, die Reichweitenanzeige über 63 Kilometer zu bringen. Für die Art der minutenweise Miete ist das mehr als ausreichend, würde ich ein solches Fahrzeug allerdings besitzen und damit zur Arbeit pendeln wollen, müsste ich innerhalb der Stadtgrenzen arbeiten, denn nach Potsdam und zurück würde eine Ladung nicht reichen und in Potsdam hätte ich keine Lademöglichkeit. Aber wir sind ja auch erst am Anfang einer Entwicklung - deren Ausgang ohnehin ungewiss ist.

Lustig ist übrigens, dass das Starten des C-Zero das Anlassen eines Verbrenners simuliert, man also den Schlüssel genauso bewegen muss, als würde man einen Motor starten - was ich nach nur drei elektrischen Fahrten eigentlich gar nicht mehr so gerne machen wollen würde.


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